Heute war kein guter Tag, als ich kam war das Becken voll mit Schülern und Adam schon im Wasser, in der siebten Bahn. Er schwamm sogar schon mit seinem Brett, er hat es nicht verloren, also musste er lange vorher da gewesen sein. Als er eine Pause gemacht hat und ich zum seichten Ende schwamm, auf ihn zu, hat er sich die Schwimmbrille aufgesetzt, so dass ich ihn nicht begrüßen konnte. Nach meiner zwanzigsten Länge ist er aus dem Wasser gesprungen, bei der Seniorentreppe, ich war enttäuscht, er hat aber bei meiner Bahn auf mich gewartet, mit seiner Boje. Ich habe mich geärgert, dass ich nicht schneller schwimmen kann, wollte kraulen, ich will es endlich können, es hat so gewirkt, als ob er es sehr eilig hätte. Als ich bei ihm ankam, hat er gesagt, dass er gleich gehen müsse. Habe mich geärgert, aber als ich seine süßen Brustknospen wieder sah, war der Ärger verflogen. Habe ihn gefragt, ob er morgen zu mir zum Frühstück komme und habe ihm ganz fest in die Augen geschaut. Sie haben dieselbe Farbe wie seine Augenbrauen, keine Spur von Grün. Er hat geantwortet, dass er morgen den ganzen Tag auf der Akademie sei, ich frage nach übermorgen, er denkt sich eine neue Ausrede aus, er sei nur zu Hause und auf der Uni und im Theater und kurz da. Was hat das damit zu tun? Zuerst hat er einfach nein gesagt, aber als ich mich nicht beeindrucken ließ von seinem ewigen Nein, hat er mich gefragt, ob ich morgen da sei. Habe gesagt, dass ich das noch nicht wisse, er hat Merde gesagt. Das ist mir das größte Rätsel. Hat er bemerkt, dass ich wütend bin? Ich habe ihn gefragt, ob er da sei, er hat gesagt, dass er schauen wird. Er klang ganz eingeschüchtert, wie am Anfang, als wir uns noch nicht kannten und ich ihn angesprochen habe. Habe ihn gefragt, wann er kommen wolle, vielleicht im Sommer, wenn mehr Zeit ist. Die Zeit wird sich noch an dir rächen! Er ist gegangen und ich bin wieder los geschwommen, jetzt war ich wirklich zornig und in mir war alles aus und vorbei, obwohl ich es vor ihm verbergen wollte. Er muss es trotzdem bemerkt haben. Im Weggehen hat er Lockerungsübungen gemacht. Habe doch hingeschaut, obwohl ich gar nicht mehr wollte, hatte auch keine Lust mehr zum Schwimmen und habe nur noch zwanzig Längen hinter mich gebracht. In meiner Bahn ist eine Sportlehrerin mit ihrer ganzen Gruppe gestanden, ich bin durch die Gruppe durchgeschwommen, sie hat gelacht: Es war süß wie sie da hinein geschwommen sind, wie ein Hai. Ich war grantig wegen Adam und habe gar nichts gesagt, vor was hat er nur solche Angst? Ist er wirklich so beschäftigt? Ich habe nur wenig Zeit, ich habe gar keine Zeit, entschuldige, lassen Sie mich in Ruhe! Was macht er zu Hause? Filmchen drehen? Internet surfen? Wixen? Nein, er schreibt, er habe schon über tausend Seiten geschrieben, er ist besessen. Sehe ihn vor mir wie er vor dem Fenster in der Auhofstraße vor seinem Computer sitzt und tippt. Siamo scrittori…. Auf diesem Anrufbeantworter kannst du überhaupt keine Nachricht hinterlassen, weil sofort nach dem Ton das Besetztzeichen kommt, es ist aber seine Stimme, ich bin mir fast sicher. Immer, wenn ich ihm zeige, dass ich ihn liebe, zieht er sich zurück, was hat ihn so verletzt? Hat er jemandem einmal zu sehr vertraut wie ich? Ich sah dich ja im Traume und sah die Nacht in deines Herzens Raume und sah die Schlang, die dir am Herzen frißt, ich sah mein Lieb, wie sehr du elend bist (Heine).
Laurenz hat mich dann getröstet. Als ich bei der Tür hereinkam, sah ich seinen Rucksack auf dem Boden stehen, habe mich so gefreut, dass er da ist, aber er ist gleich wieder gegangen. Musste an ihm vorbei, er hat sich zu seinem Rucksack gebeugt, sich zu mir gedreht und mir von unten in die Augen geschaut und mich begrüßt, hat sich gefreut, mich zu sehen. Als er bei uns vor der Tür stand, die Phlegmatikerin und die Melancholikerin waren auch da, habe ich ihn gefragt, ob er beschlossen habe, ein seriöser Mensch zu werden, weil er zu mir gesagt hat, dass er schon seit halb neun Uhr in der Frühe hier sei. Er hat gelacht: Weil ich da arbeite? Nein, weil du so früh aufstehst! Er hat uns gesagt, dass wir schon siebenhundert Interviews hätten, aber es wären noch schlimmere Umfragen im Anrollen. Er lacht immer über seine eigenen Witze, habe ihn gefragt, ob wieder eine NATO-Bomben-Umfrage anrolle. Die Melancholikerin wollte ihn auf ihre Seite ziehen und hat gemeint: Das machen wir nicht! Er hat sofort gesagt, das sei unter unserer Würde. Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass wir die erste Umfrage diesbezüglich gemacht hätten. Dann hat er noch sinniert, warum wir keine Umfragen darüber machten, ob es leiwand sei wie die Albaner vertrieben zu werden. In dem Moment ist die Supervisorin heraus gekommen und hat mit ihm geschimpft, weil er wieder alles aufhalte. Es war schon nach vier, er hat sich verabschiedet. Ich glaube, er hat auch tschüss gesagt und ist in Richtung U-Bahn gegangen. Habe mit Ben Schiffe versenken gespielt neben dem Telefonieren, er hat gewonnen, aber knapp, in letzter Minute. Habe ich Adam Feigling genannt, nachdem er Nein gesagt hat? Ben sagt: Er hat Angst, dass du ihn vernaschen willst! Ich will ihn nicht vernaschen, ich will ihn auffressen.…..Bin mir ganz sicher, dass wir in allen früheren Leben zusammen waren, er ist so vollkommen ein Teil von mir, dass ich ihn gar nicht mehr brauche.