Durch Wien schwimmen

Ich war wieder schwimmen heute, aber erst um eins. Adam war nicht da, habe mir gedacht, dass er nicht mehr kommen wird. Nach der vierzigsten Länge bin ich aus dem Wasser gegangen und da sah ich ihn im Wasser, schwimmend, bin neben ihm her gegangen am Beckenrand, er wird immer besser, schneller, schöner. Bin dann auch wieder geschwommen, aber nach der sechzigsten Länge ist mir die Luft ausgegangen und ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte, wollte aber auf keinen Fall weg gehen, ohne ihn begrüßt zu haben. Ich habe versucht, Rücken zu schwimmen, aber es ging nicht so, wie ich das will. Nach einer Weile ist er neben mich geschwommen und vor mir stehen geblieben, ich habe ihn gefragt, wie es ihm gehe, er hat nur den Kopf geschüttelt und mit den Schultern gezuckt, das bedeutet wohl nichts Gutes? Habe ihn gefragt, was gestern mit ihm los war, warum er so böse war, Ich bin irgendwann gegangen, es hat mir gereicht, da waren so viele Leute, das war ja nicht auszuhalten…. Er hat sich wieder über die vielen Leute beschwert, dass er voriges Jahr immer hier war und dass es so wenige waren. Ich habe zu ihm gesagt, dass Winter sei und dass immer wenn er nicht schwimme, niemand in der Bahn sei, erst sobald er komme, wollten alle in seiner Bahn schwimmen. Er sagt süffisant Magische Anziehung? War das seine Haifischbosheit? Ich habe zu ihm gesagt, dass die anderen glaubten, sie könnten auch so gut schwimmen wie er, wenn sie mit ihm in einer Bahn wären. Er hat verlegen gelächelt. Ich habe zu ihm gesagt, dass bald Mai sei und wir dann wieder nach Schönbrunn gehen könnten. Adam sagt Ich zähle schon die Tage bis zum Mai! Ich auch. Ich habe mich schnell verabschiedet und bin weg gelaufen, als ich über ihm am Beckenrand stand, habe ich seine Hände gesehen, er ist so zart, aber seine Hände sind so kompakt und fest wie Ingeborg Bachmanns Hände. Haben sie nicht am gleichen Tag Geburtstag, oder fast? Hände, von denen du dich beschützt fühlst, ein Leben lang. Ich war selig, dass er nicht böse auf mich ist, dass ich es geschafft habe, mit ihm zu reden, dass ich mich von ihm verabschiedet habe, weil ich nicht gehen wollte, ohne es getan zu haben. Sonst hätte ich ja noch Stunden dort bleiben müssen! Heute ist er erst um zwei Uhr gekommen. Ich habe mir gedacht, dass er mich nicht sehen will, aber wahrscheinlich hat er sich gedacht, um zwei ist es ruhiger, am ruhigsten ist es um halb drei, da ist es so angenehm, kein Mensch im Wasser, aber nur eine Viertelstunde, dann geht der Trubel wieder los. Er war also schon letztes Jahr im Stadthallenbad, warum ist er mir nie aufgefallen?! Ich bin bis Anfang November, bis zum Unfall von MS, immer schwimmen gegangen, bevor ich ins Bateau Livre fuhr. Ich bin immer von zwei bis drei geschwommen, ist er mir deshalb so bekannt vorgekommen in Schönbrunn im Mai?