Mein Leben ist zu mir zurückgekehrt. Bin im Stadthallenbad gewesen, weil ich so wütend war, zuerst wollte ich im Schönbrunnerbad schwimmen, aber Herr Pöhn hat es nicht erlaubt, die Kommission soll da gewesen sein und ihn zur Sau gemacht haben, weil er ihnen gesagt hat, dass noch Leute im Wasser waren. Gestern hat er der Holländerin und mir versprochen, dass wir noch schwimmen dürfen, morgen soll es noch 28° haben, ich bin zur Bank gefahren und hab mir eine Jahreskarte für die Stadthalle gekauft. Bin mit der U3 zur Stadthalle gefahren, zum Wasser gelaufen und in der sechsten Bahn geschwommen und daneben schwamm in der siebten Bahn Adam. Ich war mir nicht sicher, ob er es wirklich ist, er hatte eine rote Badehaube wie bei Regen im Schönbrunnerbad, er schwamm so graziös, ist so gekrault wie nur Adam kraulen kann mit diesen zarten eleganten Bewegungen. Ich bin am Startblock herum geturnt, um ihn mir genauer anzuschauen, habe gezweifelt, ob er es ist, weil er mich nicht begrüßt hat, aber er hat gelächelt, wenn ich ihn ansah. Ich glaube, er war sich genauso unsicher wie ich, ich bin einmal neben ihm geschwommen und er hat mich überholt, er war viel schneller, das kann nur Adam gewesen sein, wollte eine Wette mit ihm machen, hab mich gewundert, warum er mich nicht überholt, aber er war schon aus dem Wasser gesprungen, ich habe gesehen, wie er zur Treppe geht. An seinem aufrechten Gang habe ich erkannt, dass nur er es sein kann, er hat die ganze Zeit zu mir her geschaut, während er weg ging, ich habe ihm nachgeschaut. Ich war selig und traurig, dass ich ihn nicht angesprochen habe. Wohnt er auch in der Nähe? Ich möchte wissen, ob er zufällig da war oder schon die ganze Zeit im Stadthallenbad schwimmt, seit diesem Regen. Es könnte ja sein, dass er meine Telefonnummer doch bekommen hat. Nach 40 Längen habe ich mich in die Sonne gelegt, de Beauvoirs Briefe an Sartre gelesen und über mein Glück nachgedacht.
Das I GING sagt: Mit Weidenblättern bedeckte Melone – da fällt es einem vom Himmel zu.
Was bedeutet das? Das Schönbrunnerbad (die Melone, die Lust) hat sich mit Blättern bedeckt, die Blätter fallen auf das Wasser, aber mein Glück (Adam) wird plötzlich wieder da sein. Ich glaube, er schwimmt schon lange dort. Er war nicht darauf vorbereitet, mich zu sehen. Hat er gezweifelt, ob ich es bin, weil er so geschaut hat, bevor er weg ging, ist er auch so kurzsichtig wie ich oder ist er geflüchtet? Bevor er weg gegangen ist, ist er herum gehüpft, das macht er immer. Ich werde ja sehen, ob er wieder kommt. Dann bin ich noch 20 Längen geschwommen, es war ganz leicht. Ich habe mich so wohl gefühlt, es ist wieder warm geworden. Jetzt ist es 18 Uhr: lange Schatten, warum liebe ich die Abenddämmerung so? Ich weiß es nicht. Habe im Institut angerufen, es gibt noch immer keine Arbeit. Ich sitze am Fenster und schreibe. Vielleicht geht Adam vorbei. Ich rieche nach Chlor und Hallenbad, aber ich mag nicht duschen, weil mich dieser Geruch mit ihm verbindet. Ich werde meine Baudelaire-Studien wieder aufnehmen, jetzt, wo alles geklärt ist. Sogar Simone de Beauvoir findet, dass es keinen Dichter wie ihn gibt, sie hat mich geärgert mit einer antisemitischen Bemerkung, aber ich lese so gerne, was sie über ihr tägliches Leben schreibt, es beruhigt mich. Sunny Blue hat mich angerufen, er kommt mich besuchen und lacht mich aus wegen meiner watership, ich kann es nicht erklären, er sagt enjoy yourself!
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