Montag: Blauer Himmel, Institut für Sozialforschung, Schönbrunn: Beim Eingang vom Freibad steht Klaus und begrüßt mich. Ich ziehe mich um, die Griechin aus Alexandria, die nur Französisch spricht, kommt zu mir in die Garderobe, sie heißt Solange. Die alte Frau, die zu mir gesagt hat, dass ich nicht nur wie ein Kind ausschaue, sondern auch wie ein Kind sei, ist auch wieder da. Bin zum Wasser hinunter gelaufen und sofort los geschwommen. Nur Adam war nicht da und ist auch nicht gekommen. Wahrscheinlich ist er schon am frühen Morgen 1500 Meter oder mehr geschwommen, aber in der Früh war ich in der Arbeit. 40 Längen geschwommen, das Wasser hatte 27°, nur draußen war es noch zu kühl. Nein, ich hätte den ganzen Nachmittag im Freien liegen können, aber ich musste ins Institut. Klaus schwamm auch ein paar Längen, er hat mir erzählt, dass er ein halbes Jahr in Australien war, einen Freund besuchen. Er ging etwas essen, als er zurück kam, saß ich auf der Pritsche, die sie nicht einmal lackiert haben, er hat mich gefragt, ob mir nicht zu kalt sei, nein, aber im Wasser ist es wärmer. Er sagt zu mir: Du bist aber in Form! Wie wäre ich erst in Form gewesen, wenn Adam gekommen wäre! Habe geträumt, dass ich Bücher zusammen suchen muss für eine Reise, von der ich nie zurückkommen werde, hatte Angst, die Falschen zu nehmen, weil ich nur ganz wenige mitnehmen konnte. Ich war in Gefahr (oder waren es die Bücher?). Heute und gestern war ich im Stadthallenbad, üben. Jetzt kann ich endlich untertauchen und atmen, ohne aus dem Rhythmus zu kommen. Habe mich in Sicherheit gewiegt, weil Adam immer da war. Gestern war er nicht da, aber gestern war Sonntag und am Sonntag kommt er nie ins Stadthallenbad. War zuerst im Institut für Sozialforschung, habe es aber nicht mehr ausgehalten und Ben weiter machen lassen. War schon um halb Eins im Wasser, Adam ist erst um zwanzig nach Eins gekommen. Er hat mir zugewinkt, bin zum tiefen Ende geschwommen, er ist am Beckenrand beim seichten Ende gesessen, kurz bevor ich beim seichten Ende ankam, ist er los geschwommen, er schwamm in der sechsten Bahn, neben mir. Nach der vierzigsten Länge bin ich am Beckenrand sitzen geblieben und habe ihm zugeschaut, sah ihn unter mir wenden. Als er noch nicht da war, habe ich versucht, mit dem Kopf unter Wasser zu schwimmen, konnte einfach nicht atmen, gestern ging es noch. Irgendwann bin ich stehen geblieben und habe gewartet, dass Adam auch stehen bleibt. Er ist noch zwei Längen geschwommen, habe ihn aus den Augenwinkeln beobachtet, er ist stehen geblieben, wir haben uns angelächelt. Habe ihn gefragt, ob er nicht zu spät zu seiner Prüfung gekommen sei, weil es schon Viertel nach Vier war, als ich ging. Er hat genervt gesagt, dass die Prüfung um fünf war, dass er um halb fünf gehen musste, dass ich es nicht verstanden hätte, darum sei es ja gegangen. Und wie war es? Es ist gegangen. Ich erzähle ihm, dass ich am Montag in Schönbrunn war und frage ihn, ob er nicht dort gewesen sei, nein, letzten Montag war es doch so heiß, er denkt nach, alle waren dort, nur du nicht! Er fragt mich, ob das Wasser kalt war, nein, es war geheizt, das konnte er sich nicht vorstellen, er sagt, dass es jetzt auch so ginge, weil nur noch ganz wenige Leute im Stadthallenbad sind, es ist schade, wenn die Sonne scheint, im Freien ist es doch viel schöner. Er klemmt sich sein Waschbrett zwischen die Oberschenkel, ich bin auch wieder geschwommen und plötzlich konnte ich es. Ich wusste, wie es geht, unter Wasser zu atmen und dabei nicht aus dem Rhythmus zu kommen, es hat sich einfach ergeben. Adam ist neben mir her geschwommen, als ob er auf mich aufpassen wollte, damit ich nicht ertrinke oder um mir zuzuschauen, ob ich es jetzt könnte. Das war so zärtlich. Jetzt habe ich wirklich weinen müssen. Habe ihn hinter einem Wasserschleier gesehen, so wie er mich wahrscheinlich immer sieht, aber bei ihm sind es keine Tränen. Als er kam, dachte ich, er freut sich gar nicht, obwohl wir uns schon zehn Tage nicht mehr gesehen hatten. Als ich bei meinen zwei letzten Längen war, hat er seine Streckübungen gemacht und dann auf mich gewartet am Beckenrand. Er hat an seinen Beinen hinunter geschaut, ich glaube, er war ein bisschen erregt, liebe ich ihn deshalb so, glaube ich seinem Schwanz mehr als ihm? Sicher, sein Schwanz ist stärker als er. Als ich ankam, sagte er, dass es jetzt nicht mehr lange dauern könne, vom Wetter her. Er sagt Baba wie immer, lächelt mich an, wie immer, winkt mir wie immer, ich schaue ihm nach, bis er verschwunden ist, wie immer. So klein ist er gar nicht! Und doch zweifle ich.

Beliebte Posts aus diesem Blog