Muss es hinaus zögern, denn ich möchte nicht, dass es jemals aufhört. Am Dienstag war Adam schon im Wasser als ich kam, habe ihn vom Hügel aus am Beckenrand stehen sehen, wusste aber noch nicht, ob er es wirklich ist, dann sah ich, dass er Brust schwimmt, habe mich gewundert, weil er das immer nur am Schluss zur Entspannung macht, als ich los schwamm, hat er Hallo gerufen. Habe zu ihm gesagt, dass die Sonne jetzt doch noch komme, aber er ist schon wieder davon geschwommen. Als er nach einigen Längen doch stehen blieb, hat er gesagt, dass er schon gehen müsse, weil er um zwölf eine Vorlesung habe. Ich frage ihn, wen er wähle, er schaut mich erstaunt an und sagt, den Voggenhuber, der scheine ihm noch am vernünftigsten zu sein. Ich sage, dass ich die Kommunisten wähle, er sagt, die österreichischen Kommunisten seien ihm suspekt, allein schon wegen ihrem Bankkonto, und welche sind dir nicht suspekt? Er lacht, eh alle, hast du heute keine Prüfung? Nein, er lacht, nächste Woche habe ich noch eine, dann höre ich auf für dieses Semester…. Du bist so fleißig, ich kann nicht einmal eine Seite schreiben….Warum nicht? Ich habe keine Energie mehr. Das ist doch alles Blabla…Trotzdem…. Wir haben uns angeschaut, er ist mir so ängstlich vorgekommen, seine Augen waren so, als ob er sich vor mir fürchtete. Ist das des Pudels Kern? Warum fürchtet er sich vor mir? Weil ich ihm das Buch über den Holocaust geschenkt habe? Wer bin ich denn, dass ich das beurteilen könnte? Oder habe ich ihn wieder erregt und hatte er Angst, dass ich es bemerke? Was macht ihn so verlegen? Was ist nur passiert, was habe ich nur wieder falsch gemacht, wie konnte ich nur das Einzige, was mir mehr wert ist als alles auf der Welt, das Schönste und Beste in meinem Leben, so verlieren? 

Adam erzählt mir, dass er vorher allein im Becken war und ein Typ sei genau in seiner Bahn geschwommen. Ich frage ihn welcher, er schaut zu dem, der gerade über die Stiege hinauf geht, ich sehe ihm nach und frage ihn: Vielleicht ist er schwul? Adam sagt nichts darauf und nach einer Weile: als ob sie es zu Fleiß tun würden! Ich glaube, die sind wirklich schwul oder Vater und Sohn, sie sind meistens zu zweit im Wasser, ein paar Wochen später war ich allein im Becken und beide sind zu zweit genau in meiner Bahn geschwommen, aus reiner Bösartigkeit. Ich werde Bademeisterin und entferne die beiden aus dem Becken und alle, die quer schwimmen auch und alle, die das Fünfzigmeterbecken für eine Badewanne halten. Adam sagt, dass er seinen Schlüssel verloren habe und oben danach fragen müsse, sie hätten ja einen Reserveschlüssel, er hat sich verabschiedet und ist gegangen, hat noch gesagt, dass er froh sei, dass das Wetter schlecht sei, nein, er hat gesagt, dass er morgen komme, wenn das Wetter schlecht sei. Und bei schönem Wetter kommst du nicht? Darauf hat er nichts gesagt. 

Bin 50 Längen geschwommen, aber es war ziemlich kühl und es hat getröpfelt, deshalb bin ich in die Stadt gefahren, in die Zentralbuchhandlung. Brigitte Herrmann hat mir ein Mineralwasser mit einer Zitrone angeboten, weil es so schwül war. Bei ihr hab ich noch so etwas wie ein Heimatgefühl. Am Mittwoch war schönes Wetter, bin schon sehr früh nach Schönbrunn gefahren, Klaus ist auch bald gekommen, habe ihm die Photos gegeben, die ich von ihm gemacht habe und bin weiter geschwommen. Nach vierzig Längen habe ich mich in die Sonne gesetzt und HINTER DEN FASSADEN DES WISSENS gelesen, weil ich das Buch für Ben rezensieren sollte. Während ich mich eingecremt habe, sah ich plötzlich Adam in der allerletzten Bahn kraulen, habe ihn an seinen unvergleichlichen Bewegungen erkannt. Alle anderen hauen ihre Arme von oben ins Wasser, aber seine Arme gleiten von unten, aus der Tiefe, durch sein Element, er spritzt auch nicht, nie. Im wunderschönen Monat Mai, als alle Knospen sprangen.... Klaus ist vom Tischtennisspielen zurückgekommen und hat mich gefragt, was ich lese. Habe ihm gezeigt, wo Adam schwimmt und zu ihm gesagt, dass er jetzt eine Wette mit ihm machen könnte, nein, er kann es nicht leiden, wenn man ihm nachschwimmt…. Klaus hat gelacht, ich bin so nervös geworden, dass ich nicht mehr lesen konnte. Habe mich auf den Beckenrand gesetzt und Adam zugeschaut, er ist am Rand angekommen, hat mich aber ignoriert, ich habe mich gewundert, was mit ihm los ist. Bin los geschwommen, da ist es ganz ruhig geworden, er muss aus dem Wasser gesprungen sein, sah ihn am Beckenrand stehen und Lockerungsübungen machen mit einem Handtuch um die Hüften. Seine Sachen lagen nicht an seinem Platz, sondern auf einem der Gartenstühle in der Ecke. Er hat ja keinen Schlüssel mehr, jetzt muss er all seine Sachen immer mit sich tragen. Er ist sicher überarbeitet, hat mir zugerufen, dass er schon gehen müsse, ich frage ihn warum, sie hätten heute Premiere, von was, er denkt nach und sagt mir den Titel des Stücks, ich frage ihn, ob das ein blödes Stück sei, er lacht und sagt ja, wie ein Kind, er ist so süß. Er stand da mit all seinen Sachen in der Hand, roten Socken und Schuhen, es sah aus wie eine Szene aus einem Stück von Pina Bausch. Ewig verlornes Lieb, ich grolle nicht…. Er ist gegangen, und wenn das Herz auch bricht, bin noch zwanzig Längen geschwommen, dann bin ich ganz ruhig geworden und habe mit höchster Konzentration gelesen. Ich war glücklich, dass er nicht böse auf mich ist, noch nicht. Später in der Arbeit hat Anna zu mir gesagt, dass ich unbedingt zu ihr kommen solle, um mich einzutragen und als ich sie gefragt habe, ob sie jetzt Zeit hätte, hat sie gerne gesagt, als ich ging, hat sie sich ganz auffällig von mir verabschiedet. Was ist jetzt wieder los? Seit wir immer im Waldviertel anrufen, mache ich so viele Interviews, gestern hat mich ein Mann gefragt, ob ich vom Radio Waldviertel sei, weil ich das so protegierte.

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