Bin nach dem Sozialforschungsinstitut zum Meinungsforschungsinstitut gegangen, Laurenz ist auf mich zugekommen, wir haben uns begrüßt und uns erfreut über diese zufällige Begegnung angelächelt. Er arbeitet jetzt nur noch vormittags. War seit Freitag nicht mehr schwimmen, weil ich so viel gearbeitet habe. Heute muss es sich ausgehen! Es ist sich wieder nicht ausgegangen, aber heute hab ich frei. Habe meine alten Tagebücher gelesen, um heraus zu finden, wann ich letztes Jahr zum ersten Mal ins Schönbrunnerbad gegangen bin. Es war der zwölfte Mai. Fünf Kilometer geschwommen, weil ich so ausgehungert war nach Längen und Wasser, plötzlich konnte ich richtig schwimmen. Muss lernen, unter zu Wasser zu atmen und gleichzeitig einen Rhythmus zu finden, damit ich nicht mehr auftauchen muss dazwischen. War um eins im Wasser, in Panik, dass Adam schon in Schönbrunn ist, es war aber viel zu kalt, um im Freien zu schwimmen. Kurz vor zwei Uhr ist er doch noch gekommen, ich war beim tiefen Ende, unten sah ich seinen gelb-türkisen pull-buoy leuchten, habe ihn selbst aber nicht kommen sehen, war mir nicht mehr so sicher, ob er es ist. Er hat sich seine Schwimmbrille aufgesetzt, ich sehe so schlecht, wenn ich ihn kommen gesehen hätte, hätte ich ihn an seinem Gang erkannt. Kurz bevor ich am seichten Ende ankam, ist er untergetaucht, um sich die Haare nass zu machen, hat auf mich gewartet und mir übermütig zugerufen: Ist es im Schönbrunner Freibad zu kalt? Hat er sich gedacht, ich bin die ganze Woche im Freien geschwommen? Ich war noch nicht dort. Er hat mir erzählt, dass er am Samstag dort war, habe ihn gefragt, ob er im Wasser war, er hat ja gesagt, dann sind wir los geschwommen. Er hat eine Pause gemacht, um sein Waschbrett zu holen, ich habe seinen Namen gerufen, warum liebe ich diesen Namen so? Habe ihn gefragt, ob das Schönbrunnerbad renoviert worden sei, er hat mich wieder nicht verstanden und genervt wiederholt, was er verstanden hat, habe es lauter wiederholt und er hat gemeint, dass es gleich ausschaue wie vorher, nicht einmal lackiert hätten sie es. Wir sind wieder geschwommen, irgendwann, nach drei Kilometern, bin ich von selbst mit dem Kopf unter Wasser geschwommen, habe sogar die Luftblasen unter Wasser gespürt. Adam hat schon mit seinen Streckübungen angefangen, ich habe gerufen: Nein, gehst du jetzt schon? Jetzt war ich eh lange da! Habe ihn gefragt, ob der erste Mai ein Samstag war, er hat weg geschaut und nachgedacht, er sei nicht viel geschwommen, nur 1500 Meter. Das reicht! Er hat gesagt, dass am Samstag Sonne war, weil ich gesagt habe, dass es so kalt war. Er hat gelacht. Warst du allein im Wasser? Nein, kurz bevor ich gegangen bin, sind mehr Leute im Wasser gewesen. Wir haben uns verabschiedet und er ist weiter geschwommen, habe ihn nicht weg gehen sehen. Habe weiter geübt, weil ich 100 Längen schaffen wollte. Plötzlich war Adam wieder da, er hatte etwas Rotweißes in der Hand, das aussah wie eine Reisetasche und hat mir gewinkt. Wusste nicht, wo er hin gegangen ist, habe vermutet, dass er sich auf eine der Steinstufen gesetzt hat, um zu lesen, war mir aber nicht sicher, ob er es auch wirklich war. Bin beim seichten Ende stehen geblieben und habe zu ihm hin geschaut, er ist dort gesessen und hat sich nicht bewegt. Habe mir überlegt, ob ich zu ihm hin gehen solle, war mir ja nicht einmal sicher, ob er es wirklich ist. Wusste nicht, was ich tun sollte, bin Wasser trinken gegangen und habe beschlossen, an ihm vorbei zu gehen, wenn er es nicht wäre, wäre es ja egal. Bin zu ihm hin gegangen, er war es.
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War nach der Arbeit in Schönbrunn, hab einen Platz auf der Schatteninsel bekommen, Adam war nicht da. Ist er zur Free Party gegangen? Habe gelesen, plötzlich stand meine Nachbarin vor mir, sie wollte sich unterhalten, aber ich hatte keine Lust auf small talk. Adam hat mir erzählt, dass er small talk machen musste bei der Premiere, mit den zwei Sponsoren, jetzt ist mir eingefallen, was er gesagt hat: Small Talk ist Arbeit! Nach dem Schwimmen habe ich das Pferdchen in der Abendsonne photographiert, den Schatten beim japanischen Garten und den Ginkgobaum, bis ich herausfand, dass kein Film eingelegt war. Es ist wie verhext. In Hietzing habe ich ein Eis gegessen und in der Buchhandlung Kleemann eine ganze Auslage voller Witwen für ein Jahr gesehen. Ben hat einmal dort gearbeitet und sich über die Chefin beschwert, die immer allen Leuten mit Bestsellern nachgelaufen sei. Hat die Adam dieses Buch aufgeschwatzt? Wohnt er dort in der Nähe? Dienstag. Adam war wieder da. Ich konnte ein paa...