Tom hat mir das Ungaretti-Gedicht übersetzt, die letzte Zeile geht bei ihm so: Da wirst du völlig neu erstehen, mich deine Stimme aufs Neue führen, mein Blick dich für immer zurück erhalten. Ein ganz neuer Aspekt von Per sempre ti rivedrò. Darauf wäre ich nicht gekommen. Habe den Knacks von Fitzgerald kopiert und meine Kopien in die Bibliothek gebracht, Richard Heinrich war dort, habe ihn gefragt, wo seine Schachtel steht. Er hat sie mir gezeigt und mir stolz erklärt, dass er der Erste gewesen sei, der mit diesen Schachteln angefangen habe und jetzt täten es alle, ich mag ihn so. Er hat dann gesagt, dass er sich den Knacks gleich kopieren werde, habe mich entschuldigt, dass ich alles unterstrichen habe und er hat gemeint, dass das ja wohl nichts machen dürfe. Habe noch angefangen, einen Aufsatz von diesem Kymlicka zu kopieren, über den ich ein Referat halten soll und der mich überhaupt nicht interessiert, dann ist mir aber die Kopierkarte ausgegangen, ich wollte endlich schwimmen gehen. Bin zu Fuß zur Station Volkstheater gelaufen, konnte es kaum noch erwarten, bin bei der Schweglerstrasse ausgestiegen und zur Stadthalle gelaufen, damit ich endlich ins Wasser komme, schon als ich bei der Stiege war, sah ich ihn, nein, da noch nicht, erst als ich von der Turmstiege zu meiner Bahn schwamm, sah ich, wie er seine Arme ausstreckt beim Kraulen. Bin in der sechsten Bahn auf - und abgeschwommen, er hat mich nicht begrüßt, aber nach einer Weile ist er auch in meiner Bahn geschwommen, habe aufgepasst wie eine Tigerin, dass sonst niemand in unserer Bahn schwimmt. Er wendet so wie die richtigen Schwimmer, wollte er es mir zeigen? Er ist neben mir auf – und abgekrault, aber es war schon fünf vor zwölf, als ich im Wasser war und er ist um halb eins weg gegangen, ist vor mir aus dem Wasser gesprungen und hat mir zugewinkt. Ich war enttäuscht, dass er schon ging. Sah einen Jungen auf der Galerie sitzen und schauen, war er das? Hat er nicht Photos gemacht? Plötzlich war er wieder da, der Undercoveragent, ist unten beim shallow end gestanden und hat verlegen gelacht und mich, während ich noch schwamm, gefragt wie es mir gehe. Hat die Schwimmbrille nicht abgesetzt und ich habe ihm erzählt, dass ich arbeiten müsse und nicht schwimmen könne. Er hat zu mir gesagt, dass ich studieren solle wie er, dann könnte ich auch schwimmen gehen. Ich studiere ja, ich schreibe eine Dissertation, aber ich komme nicht vom Fleck. Er hat wieder überlegt und gesagt, dass ich dann ja schon weit gekommen sei oder so ähnlich, wenn du wüsstest! Ich habe ihn gefragt, wie es ihm geht und er hat na ja gesagt und dann Wenigstens habe ich jetzt wieder meine Bahn für mich! Ich habe ihn gefragt, ob er jetzt doch wieder schwimmt, ja, einen Kilometer noch, dann ist Schluss. Ich habe ihm erzählt, dass ich am Abend schwimmen war und dass so viele Leute da waren, er hat es nachdenklich wiederholt: zu viele Leute. Ich habe mich gefragt, was alle in der siebten Bahn tun, wenn das ganze Becken leer ist. Adam hat sich beschwert, dass er aus dem Rhythmus komme, wenn die Leute in ihn hinein schwämmen. Ich habe lachen müssen, weil ich gedacht habe, dass er doch ein Tänzer ist. Bin dann weiter geschwommen und nach zwei oder drei Längen habe ich ihn nicht mehr gesehen, obwohl seine siebte Bahn fast leer war. Ich glaube, dass er keine Lust mehr hatte und nur zurückgekommen ist, weil er mit mir reden wollte. Danach war ich glücklich, weil ich endlich wieder im Wasser war und weil ich jetzt ganz sicher weiß, dass er mich mag. Im Postkasten war Toms Brief, die Krönung des Tages. Per sempre ti rivedrò.

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